Das Valpolicella – Teil 2

Die Weine des Valpolicella.

Nachdem wir letztes Mal einen Blick auf die Rahmenbedingungen warfen, widmen wir uns nun ganz den Weinen!

Die Riege aus Rotweinen, die praktisch alle Produzenten im Valpolicella im Programm führen, wird generell aus demselben Traubenmaterial mit ähnlichem Rebsortenspiegel produziert. Die Reihe der Weine geht dabei vom simplen Valpolicella über den inzwischen sehr in Mode gekommenen Ripasso bis hin zu den Spitzenerzeugnissen Recioto und Amarone.

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Trauben auf dem Dachboden

 

Wenn man Corvina und andere ausgewählte Rebsorten nimmt, ein paar Tage lang vergärt und einige Wochen bis Monate im Stahltank reifen lässt, dann erhält man den einfachen, aber schmackhaften Valpolicella, den Basiswein, den wir oft nur einfach Classico nennen (wenn er denn aus der Classico-Zone kommt). Eher rubinrot und selten dunkel, erinnern seine Aromen meistens an Blumen und Kirschen. Der Körper dieser Weine ist eher leicht bis mittelkräftig, ohne große Tannine, aber manchmal mit einer erfrischenden leichten Bittermandelnote zum Schluss. Dieser Wein sieht eigentlich nie ein Eichenfass von innen, und nur manche Produzenten gewähren im eine längere Reifezeit von mehreren Monaten im Tank  nach der Verarbeitung. Solche reiferen Weine können als superiore bezeichnet werden, sofern sie auch einen etwas höheren Alkoholgrad aufweisen. Im Idealfall ist solch ein Tropfen dunkler und komplexer, aber in der Regel ist ein Valpolicella-Wein ein angenehmer, erschwinglicher Essensbegleiter.

 

Eine Besonderheit, die das Valpolicella definiert, ist die uralte und auch heute noch sehr lebendige Tradition, Trauben zu trocknen. Ein Teil der Ernte wird für den Basis-Valpolicella verwendet, während ausgewählte Trauben von den besten Lagen in gut belüfteten Trockenhäusern oder Dachböden gelagert werden. Wenn für konstanten Luftstrom gesorgt ist und auf eventuell auftauchenden Schimmel penibel geachtet wird, so verlieren die Trauben in den 90 bis 120 Tagen, in denen sie ruhen, zwischen 30 bis 50 Prozent ihres Gewichts durch Wasserverdunstung. Von diesen verschrumpelten fast-Rosinen werden die besten Weine gemacht.

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Nach einem guten Monat Lagerung

 

Nach dem Trocknen (apassito) ist dann nämlich der Traubensaft stark und völlig natürlich konzentriert, und die lange, langsame Vergärung ergibt einen dunklen, tiefen Wein namens Amarone. Dieser hat einen hohen Alkoholgrad und manchmal auch etwas Restzucker und muss per Gesetz im Fass reifen, bevor er abgefüllt werden kann. So ein Erzeugnis zeichnet sich dann durch tiefe, dunkle Aromen aus: die charakteristischen schwarzen Kirschen; Aromen, die mit der Trocknung der Trauben assoziiert werden wie Rosinen, Nüsse oder Rum, dunkle Schokolade und mehr oder weniger vordergründige Eichenfassnoten von Vanille oder Zimt. Guter Amarone ist genauso teuer wie lagerfähig und stellt die Spitze der Weinproduktion im Valpolicella dar.

 

Wenn seine Fermentation aber aufgehalten wird, bevor der ganze Zucker zu Alkohol umgewandelt wurde, dann erhält man einen kräftigen Wein mit hohem Restzucker (meist mehr als 100g/Liter) – den Recioto. In der Praxis werden Trauben, aus denen Recioto werden soll, sogar noch etwas länger gelagert. Übrigens ist der Recioto wohl der ältere der beiden Weine und kann sich auf antike Vorgänger berufen, wohingegen der Amarone erst im 20. Jarhundert (wieder-)entdeckt wurde. Ein guter Recioto bietet die Komplexität eines Amarone, mit Kirschen, Schoko und Gewürzen, gepaart mit verführerischer Süße. Balance, nicht Opulenz, ist aber oft der Schlüssel für wirklich guten Recioto – aber sowohl Recioto und Amarone sind oft Inbegriffe des opulenten Weins.

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Für jeden Wein das richtige Fass

Ganz paradox dazu sind die Winzer im Valpolicella aber alles andere als verschwenderisch. So hat man sogar eine Verwendung für die übriggebliebenen Trauben und Hefen des Amarone und Recioto nach der Vergärung gefunden – Stichwort Ripasso, der natürlich alles andere als nur ein Restewein ist. Nachdem der fertig vergorene Amarone oder Recioto in Tanks oder Fässer umgefüllt worden ist, kann man dessen Trauben- und Hefereste dem Basis-Valpolicellawein, der schon monatelang fertig ist, hinzufügen. Durch die Traubenreste, die noch Zucker und Inhaltsstoffe in sich haben (und oft auch unverbrauchte getrocknete Trauben), gärt der Wein dann ein zweites Mal für kurze Zeit und erhält mehr Farbe, Alkohol und Geschmack und verwandelt sich vom Valpolicella zum Ripasso. Diese Methode wurde im 20. Jahrhundert erfunden und perfektioniert und wird mittlerweile in der ganzen Region angewandt. Sowohl im Charakter als auch im Preis liegt der Ripasso zwischen dem Basiswein und einem Amarone und kann im Idealfall mit Rum-Kirsch-Rosinen-Schokolade-Bouquet gefallen, ohne so schwer und mächtig wie sein Bruder zu sein.

 

Während alle diese Erzeugnisse auf Corvina &Co. basieren, wird in der Region aber auch gern mit anderen Rebsorten experimentiert, wobei die Verarbeitung aber oft die gleiche ist. Mancher Winzer erzeugt einen Ripasso (der dann aber anders heißen muss) mit Cabernet Sauvignon drin, andere fügen Sangiovese hinzu und lassen diese Trauben etwas antrocknen. Eine Cuvée aus getrockneten Corvina- und Cabernettrauben darf sich zwar nicht Amarone nennen, fügt dem Schema aber eine weitere interessante Facette hinzu.

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Wie bereits im ersten Artikel über die Region erwähnt, fristen Weißweine im Valpolicella eher ein Schattendasein. Da es aber in anderen, angrenzenden Gegenden sehr ordentliche Weißweine gibt (Lugana, Custoza, Soave), ist dieser Umstand verschmerzbar. Weißer Tafelwein wird zwar auch mitunter angebaut und sogar abgefüllt, ihre beste Bestimmung erfahren Garganega und Trebbiano im Valpolicella aber in Form vom weißen Pendant zum Recioto. Für den weißen Dessertwein trocknen die Trauben ebenfalls und liefern dann einen goldenen Wein mit Honig-Nuss- und Zitrusaromen. So ein Passito kann nicht nur von sich aus begeistern, sondern kann gerade im Vergleich zu so manch anderem Süßwein aus anderen Gegenden und Ländern auch preislich attraktiv sein.

 

Leider ist all dies aber nur graue Theorie. Und wenn wir hier auf Vini e Gusto in den nächsten Wochen genauer auf Produzenten und Weine aus dem Valpolicella eingehen werden, so kann auch das eines nicht ersetzen: selbst probieren!

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